Anmerkungen
Fulda
8.12.1941
Bei starkem Schneefall läuft ein älterer Verfolgter den Deportationszug entlang. Hinter ihm belädt eine Person ein offenes Abteil, während eine Weitere sich nach rechts umsieht. Im Vordergrund verdeckt das Gepäckbündel auf dem Rücken eines Mannes etwa ein Viertel des Bildes.
Anmerkungen
Schlagworte
2
Das Verfolgungsereignis
Deportation von Fulda nach Riga am 8. Dezember 1941
Am 7. Dezember 1941 zwangen Beamte der Fuldaer Gestapo-Außendienststelle und der Ordnungspolizei 132 Fuldaer Jüdinnen und Juden, sich in der Turnhalle in der Rabanusstraße einzufinden. Sie mussten am nächsten Morgen zu Fuß zum Bahnhof gehen und dort Personenwaggons besteigen, die an den Regelzug um 11.23 Uhr nach Kassel gehängt wurden. Hier war die zentrale Sammelstelle für die Deportierten aus dem Kasseler Regierungsbezirk in den Turnhallen der Knaben- und Mädchen-Bürgerschulen Nr. 1 und 2. Nach einer erniedrigenden Gepäckdurchsuchung und Leibesvisitation, bei der die Gestapo den Verfolgten ihrer Wertsachen raubte, wurden insgesamt 1.031 Personen am nächsten Tag von Polizisten mit Hunden zum Bahnhof geführt. Die Fahrt nach Riga bei extremer Kälte und kaum Verpflegung dauerte etwa 70 Stunden. Einige Menschen starben bereits im Zug. Am Bahnhof Riga-Skirotava fand die erste Selektion statt: Die SS schickte eine Gruppe Männer zum Lagerbau nach Riga-Salaspils, die Mehrheit der Deportierten ins Ghetto und ermordete alte oder schwache Personen direkt in den umliegenden Wäldern. Nur zwölf der 132 Fuldaer:innen überlebten die Shoah.
Über die Bildserie
Die Serie besteht aus fünf Fotografien, die am Hauptbahnhof der Stadt Fulda aufgenommen wurden. Zu sehen sind Verfolgte und Polizisten in starkem Schneegestöber, die aus nächster Nähe fotografiert wurden. Drei der Fotografien liegen als historische Abzüge im Archiv des YIVO Institute for Jewish Research vor. Sie sind rückseitig auf Jiddisch und Englisch mit dem Aufnahmeort beschriftet, allerdings mit dem falschen Datum „21.XII.41“. Eines dieser Bilder befindet sich außerdem als Abzug von ähnlicher Qualität und mit derselben Fehldatierung im Bildarchiv Preussischer Kulturbesitz. Die zwei weiteren Aufnahmen sind heute nur noch digital überliefert. In einem Interview der USC Shoah Foundation mit der Fuldaerin Miriam Berline (geb. Gottlieb) im Dezember 1996 wurden die Vorderseiten der damals noch vorhandenen Abzüge abgefilmt und hier als Screenshot verwendet.
Fotograf:in
Unbekannt, Unbekannt
Die fotografierende Person ist nicht bekannt. Aufgrund der überlieferten Motive steht fest, dass sie während der Deportation Zugang zum Gleis hatte und die Fotografien von Nahem anfertigen konnte. Da auch mindestens ein Täter der Kamera zugewandt abgebildet ist, ist davon auszugehen, dass die Fotografien im Einverständnis oder ggf. auch im Auftrag der Polizei oder Stadtverwaltung angefertigt wurden.
Überlieferung
Der oder die Fotograf:in der Serie ist nicht bekannt. Sichtbar ist aber, dass er oder sie mit Einverständnis der Täter:innen handelte. Ebenso wenig ist dokumentiert, wie die in Fulda aufgenommenen Bilder ins Archiv des YIVO oder zu Miriam Berline gelangten. Zu vermuten ist, dass die Bilder nach der Befreiung von Überlebenden, Emigrant:innen oder anderen Bekannten übergeben wurden.
Signatur bei der besitzenden Entität:
Miriam Berline. Interview 23714 . Interview by Julee Sanders. Visual History Archive, USC Shoah Foundation, 2 December 1996 [ https://vha.usc.edu/testimony/23714?tape=1&time=65]. Acessed 21 January 2025.
Bezeichnung des Bildes bei der besitzenden Entität:
Ohne Titel
Danksagung
Wir danken der Familie Berline für ihr Vertrauen und die engagierte Suche nach den verlorenen Abzügen.
An der Erschließung der Deportationsfotografien aus Fulda waren Schüler:innen der AG Jüdisches Leben in Fulda unter der Leitung von Anja Listmann beteiligt. Wir danken für die bereichernde und erfolgreiche Zusammenarbeit.
Vital Zajka danken wir für die freundliche Korrespondenz betreffend der Abzüge im YIVO.
Text und Recherche: Lisa Paduch.
Kooperationsverbund #LastSeen. Bilder der NS-Deportationen Dr. Alina Bothe Projektleiterin
c/o Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg
Freie Universität Berlin
Habelschwerdter Allee 34A
14195 Berlin
lastseen@zedat.fu-berlin.de
Ein Kooperationsprojekt von
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