Anmerkungen
Würzburg
November 1941
Mehrere Frauen warten auf die erniedrigende Durchsuchung in der Stadthalle Würzburg. Die Transportnummern 230 und 241 sind klar zu erkennen. Ein weiteres Umhängeschild vermutlich mit der Nummer 209 ragt ins Bild.
Bild: Staatsarchiv Würzburg
Anmerkungen
Personen
4
Das Verfolgungsereignis
Deportation von Würzburg nach Riga am 27.11.1941
Im November 1941 deportierte die Gestapo-Außenstelle Würzburg 202 Personen aus Mainfranken, darunter zwei Kinder unter sechs Jahren. Der Befehl zur Deportation kam vom Nürnberger Polizeipräsidenten Dr. Martin, dem die Gestapo Würzburg unterstellt war; zuständig für Organisation und Durchführung war der stellvertretende Leiter der Gestapo Würzburg Michael Völkl.
Die Menschen wurden am 27. November 1941 vom Würzburger Güterbahnhof Aumühle in das Sammellager Nürnberg-Langwasser gebracht. Zwei Tage später verließ der Transport mit insgesamt 1.010 Menschen Nürnberg Richtung Riga. Nach der Ankunft am 2. Dezember 1941 wurden die Deportierten im Lager Jungfernhof am Stadtrand untergebracht; später kamen sie ins sogenannte deutsche Ghetto. Viele Verschleppte wurden im Zuge einer gezielten „Aktion“ im Sommer 1942 ermordet. Die Überlebenden wurden 1943 nach der Auflösung des Ghettos Riga ins Lager Kaiserwald verlegt. Von den Deportierten aus Würzburg überlebten 15 Personen die Shoah.
Über die Bildserie
Die Serie besteht aus 27 Aufnahmen, die nach dem Krieg nummeriert wurden. Sie zeigt verschiedene Phasen der Deportation: die demütigende Durchsuchung der Deportierten und ihre Durchschleusung an der Sammelstelle, den erzwungenen Marsch zum Bahnhof, den Einstieg in einen Personenzug der 3. Klasse und die Verladung des Gepäcks. Auf den überlieferten Albumseiten wurden nachträglich verschiedene Täter:innen handschriftlich namentlich identifiziert. Die Serie ist vollständig im Staatsarchiv Würzburg überliefert und wird gemäß der Reihenfolge im Album übernommen.
Fotograf:in
Hermann Otto, Kriminaloberassistent
Auf Weisung des Nürnberger Polizeipräsidenten Dr. Martin hielt Kriminaloberassistent Hermann Otto die Deportationen im Zuständigkeitsbereich der Gestapo Würzburg ausführlich fotografisch fest. Obwohl auch Kriminaloberassistent Balthasar Lutz zur Anfertigung der Fotos abgestellt wurde, fotografierte nur Hermann Otto.
Hermann Otto, geboren 1896 in Würzburg, war gelernter Steinbildhauer. Er meldete sich 1914 freiwillig zum Militär und trat 1922 in den Dienst der bayerischen Landespolizei. Seit 1938 war er für die Würzburger Gestapo tätig. Ab Sommer 1942 wurde Hermann Otto in das besetzte Osteuropa abgeordnet, zuletzt war er bei der Sicherheitspolizei in Belarus. Seit dem 27. Juni 1944 galt er als vermisst. In einem Spruchkammerverfahren wurde er 1948 als „Mitläufer“ eingestuft.
Überlieferung
Die Serie gehört zu einem von der Gestapo Würzburg angefertigten Fotoalbum, das die Deportationen aus Würzburg und Kitzingen im November 1941, März 1942 und April 1942 zeigt. Nach der Entdeckung durch den ursprünglich aus Nürnberg stammenden US-Soldaten Isaac Wahler wurde das Album als Beweismittel im Nürnberger Prozess und im Eichmann-Prozess verwendet. Kopien einzelner Fotos und des gesamten Albums sind in verschiedenen Archiven überliefert. Der Verbleib des Originalalbums war für Jahrzehnte unklar, bis es die Historikerin Dr. Edith Raim Anfang der 2000er Jahre wiederfand. Von den ursprünglich 28 Aktendeckeln des Albums werden 24 in Würzburg aufbewahrt; wo sich die übrigen vier befinden, ist unklar. 19 Bilder sind Kopien aus dem United States Holocaust Memorial Museum (USHMM), die auf Isaac Wahler zurückgehen.
Signatur bei der besitzenden Entität:
Gestapo 18880a, Foto 69
Bezeichnung des Bildes bei der besitzenden Entität:
ohne Titel
Danksagung
Die Erschließung basiert auf dem von der Generaldirektion der staatlichen Archive Bayerns herausgegebenen Band „Wege in die Vernichtung. Die Deportation der Juden aus Mainfranken 1941 bis 1943“. Für die ausführliche Einsicht in den Bestand 18880a und die Unterstützung des Projekts danken wir dem Staatsarchiv Würzburg herzlich.
Text und Recherche: Alina Bothe.
Kooperationsverbund #LastSeen. Bilder der NS-Deportationen Dr. Alina Bothe Projektleiterin
c/o Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg
Freie Universität Berlin
Habelschwerdter Allee 34A
14195 Berlin
lastseen@zedat.fu-berlin.de
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