Anmerkungen
Leipzig
10. Mai 1942
Einziges Bild einer Deportation aus Leipzig: Verfolgte steigen von einem Lastwagen bzw. Anhänger ab, um den aus Weimar kommenden Zug nach Bełżyce zu besteigen. Vermutlich ist dieser im Hintergrund zu sehen. Die schiefe Fotografie wurde höchstwahrscheinlich heimlich aufgenommen.
Bild: Yad Vashem Photo and Film Archives
Anmerkungen
Personen
1
Schlagworte
5
Das Verfolgungsereignis
Deportation von Leipzig nach Bełżyce am 10. Mai 1942
Am 10. Mai 1942 fand die seit Beginn der systematischen Deportationen 1941 zweite Verschleppung deutscher Jüdinnen und Juden aus Leipzig statt. Nach mehreren Änderungen der Deportationsliste wurden schließlich 287 Verfolgte aus Leipzig und dem Umland verschleppt. Darunter waren auch neun Kinder und fünf Betreuerinnen aus dem jüdischen Kinderheim in der Jacobstraße. Alle Verfolgten mussten sich vor der Abfahrt in der als Sammellager missbrauchten 32. Volksschule in der Yorkstraße einfinden. Der Abtransport erfolgte von einem der Güterbahnhöfe der Stadt. Am Tag nach der Abfahrt holte das Auktionshaus Klemm das Gepäck der Verschleppten ab und versteigerte es öffentlich. Der Zug mit den Deportierten erreichte nach zwei Tagen Fahrt Bełżyce, 20 km südwestlich von Lublin. Eine im dortigen Ghetto gefangene Stettinerin erinnerte sich später: „Am 12. Mai kam der Transport Leipzig von über 1000 Menschen in das kleine ausgehungerte Städtchen und damit war das Schicksal aller besiegelt.“ Nur zwei Leipziger:innen überlebten, Emil Wittmann, der nach Kriegsende nach Leipzig zurückkehrte und dort 1954 starb, und eine namentlich nicht bekannte Frau.
Über die Bildserie
Von den Deportationen als Jüdinnen und Juden verfolgter Menschen aus Leipzig ist nur ein einziges Foto überliefert. Es wurde in Yad Vashem abfotografiert, nur das schwarz-weiße Negativ der Abfotografie ist erhalten. Trotz der Markierungen auf der Unterlage, kann nicht bestimmt werden, welches Format der Originalabzug hat. Das Bild zeigt mit dem Stern zwangsgekennzeichnete Menschen, die von einem offenen Lastwagen oder Anhänger absteigen. Im Hintergrund ist ein Passagierwaggon des aus Weimar kommenden Deportationszuges zu sehen. Die durch einen senkrechten Pfeil markierte Person rechts im Bild wurde laut Überlieferung von einem Verwandten als Helena Siegelberg identifiziert. Die Fotografie wurde auffällig schräg aufgenommen, der Bildinhalt ist leicht unscharf.
Fotograf:in
Unbekannt,
Der Leipziger Lokalhistoriker Erwin Märtin wurde bei einem Besuch des Archivs der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem im Herbst 1987 informiert, dass das Deportationsfoto von einem Verwandten der auf dem Bild identifizierten Hela Siegelberg aufgenommen wurde. Er dokumentierte dies im Manuskript zu seinem unveröffentlichten Buch über das Leben und die Verfolgung der Leipziger Jüdinnen und Juden. Es muss sich also um eine Person gehandelt haben, die selbst als Jude:Jüdin verfolgt wurde und das Foto heimlich aufnehmen musste. Darauf weisen auch die Schiefe und Unschärfe der Aufnahme hin. Leider sind heute in der Gedenkstätte keine Informationen mehr über die Herkunft des Fotos dokumentiert.
Überlieferung
Anfang der 1970er Jahre oder früher wurde das Leipziger Deportationsfoto im Archiv der Gedenkstätte Yad Vashem abgegeben. Der oder die Geber:in wurde nicht dokumentiert, allerdings liegt aufgrund der überlieferten Informationen über den Fotografen nahe, dass es sich um eine:n Verwandte:n oder Freund:in der Familie Siegelberg handelte. 1973 übergab Yad Vashem einen Abzug an die Gedenkstätte Lochamei HaGetaot, ebenfalls in Israel. 1987 erhielt der Leipziger Lokalforscher Erwin Märtin auf einer Forschungsreise nach Israel ein Exemplar des Fotos in Yad Vashem. Er verwendete das Bild in einer Ausstellung zur Geschichte der Jüdinnen und Juden in Leipzig, die 1988 in der Karl-Marx-Universität gezeigt wurde. In allen bisherigen Veröffentlichungen des Fotos blieb seine Herkunft unerwähnt.
Signatur bei der besitzenden Entität:
151DO2
Bezeichnung des Bildes bei der besitzenden Entität:
Ohne Titel
Danksagung
Mein Dank geht an Emanuel Saunders, der mit Geduld meine wiederholten Nachfragen zur Archivstruktur von Yad Vashem beantwortete, Steffen Held, dessen Informationen mir den Zugang zum Thema erleichtert haben und vor allem an Esther Jonas-Märtin, die den Nachlass ihres Mannes für mich geöffnet hat. Schließlich möchte ich Nathalie Letierce-Liebig für die Recherchen zur Familie Siegelberg danken.
Text und Recherche: Lisa Paduch.
Kooperationsverbund #LastSeen. Bilder der NS-Deportationen Dr. Alina Bothe Projektleiterin
c/o Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg
Freie Universität Berlin
Habelschwerdter Allee 34A
14195 Berlin
lastseen@zedat.fu-berlin.de
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