Eisenach

09.05.1942

Die Jüdinnen und Juden steigen in die Waggons der 3. Klasse des regulären Personenzugs nach Weimar. Am Bahnsteighäuschen ist ein Werbeplakat für den Kurort Bad Liebenstein zu sehen.

Bild: Stadtarchiv Eisenach

Anmerkungen

Eisenach, 09.05.1942
Theodor Meyer
Clara Sittenmann
Personenwaggon
Bahnpersonal
Gepäckbeschriftung
Sicherheitspolizei

Das Verfolgungsereignis

De­por­ta­ti­on von Ei­sen­ach über Wei­mar nach Bełży­ce

Die Deportation aus Eisenach organisierte der Leiter der Kriminalpolizei Theodor Meyer. Am 9. Mai 1942 mussten sich die Jüdinnen und Juden früh am Morgen am Sammelort in der Goethestraße 48 einfinden. Vermutlich gegen 10 Uhr kam ein von der Stadt bestellter Fotograf hinzu und fotografierte den Marsch zum Bahnsteig, über belebte Straßen und durch den Haupteingang des Bahnhofs. Um 11 Uhr bestiegen die jüdischen Eisenacher:innen auf Gleis 3 den letzten Waggon des Personenzugs 2413, der sie zunächst nach Weimar brachte. Dort wurden die Menschen in die Viehauktionshalle am Bahnhof gebracht, registriert und durchsucht. Einen Tag später wurden insgesamt 513 Menschen aus Thüringen verschleppt; nach der Abfahrt in Weimar stiegen in Leipzig und Chemnitz weitere Verfolgte zu. Am 12. Mai 1942 kam Zug „DA 27“ mit 1.002 Menschen in Bełżyce im Distrikt Lublin an. Niemand aus Eisenach überlebte die Deportation.

Über die Bild­se­rie

Die Serie besteht aus 20 querformatigen Fotos. Es handelt sich um Originalabzüge auf Agfa-Postkartenpapier mit Büttenrand. Die Serie in Form einer Fotoreportage zeigt, wie die Deportierten durch Eisenach zum Hauptbahnhof gehen und dort in Waggons eines regulären Zugs nach Weimar steigen. Es ist deutlich zu erkennen, dass viele Eisenacher:innen dem Zwangsmarsch zusehen.

Die Person, die die Fotos machte, fertigte fast immer zwei Bilder vom gleichen Motiv an. Einige Fotos sind aus sehr geringer Distanz aufgenommen. Der Fotograf oder die Fotografin kannte offenbar den Weg, den die Jüdinnen und Juden gehen mussten, denn er oder sie ging vorweg. Trotz des guten Lichts sind manche Bilder unscharf.

Der Fotograf oder die Fotografin arbeitete im Auftrag der Stadt und fertigte die Fotos für eine Bildchronik an. Er oder sie interessierte sich offenbar kaum für die Organisation und die Bewachung, denn die Bewacher sind nur am Rande zu sehen.

Fotograf:in

Theo­dor Har­der, Fo­to­graf

Theodor Harder unterhielt in der Karlsstraße 6 in Eisenach ein Atelier und Fotografische Werkstätten. Er arbeitete nachweislich mit der Stadt zusammen und veröffentlichte Fotos in der „Thüringer Gauzeitung“ der Thüringer NSDAP. Der geachtete Bürger seiner Heimatstadt starb 1971.

Überlieferung

Die Bildserie wurde wahrscheinlich kurz nach ihrer Fertigstellung in die Bildchronik der Stadt geklebt, die seit 1935 im Stadtarchiv geführt wurde. Wegen der großen Nachfrage für wissenschaftliche Publikationen und Ausstellungen wurden die Fotos Anfang der 1990er Jahre von den Fotokartons gelöst. Sie werden seither als Einzelfotos aufbewahrt.

Si­gna­tur bei der be­sit­zen­den En­ti­tät:

41.3.J.499

Be­zeich­nung des Bil­des bei der be­sit­zen­den En­ti­tät:

Ohne Ti­tel

Danksagung

Den Mitarbeiter:innen des Stadtarchivs Eisenach gilt ein herzlicher Dank für die Unterstützung der Forschungen und des Projekts.

Text und Re­cher­che: Chris­toph Kreutz­mül­ler.

Kooperationsverbund #LastSeen.
Bilder der NS-Deportationen

Dr. Alina Bothe
Projektleiterin

c/o Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg
Freie Universität Berlin
Habelschwerdter Allee 34A
14195 Berlin
lastseen@zedat.fu-berlin.de