Dortmund

29.07.1942

Das Bild zeigt den erzwungenen Marsch der Deportierten vom Sammellager zum Bahnhof Dortmund-Süd an der Ecke Viehmarktstraße/Steinstraße. Die Personen unter dem Baum sind vermutlich Mitarbeiter der Dortmunder Gestapo. Das Sichtfeld ist durch Fenstergitter eingeschränkt.

Bild: Stadtarchiv Dortmund

Anmerkungen

Dortmund, 29.07.1942

Das Verfolgungsereignis

De­por­ta­ti­on von Dort­mund nach The­re­si­en­stadt am 29.07.1942

Am 29. Juli 1942 deportierte die Gestapo Dortmund 808 zumeist ältere Jüdinnen und Juden aus Westfalen in das Ghetto Theresienstadt. Als Sammelorte fungierten die Gaststätte „Börse“ und Stallungen des angrenzenden Viehmarkts nördlich des Dortmunder Hauptbahnhofs. Dort hatten sich die Menschen bereits zwei Tage zuvor einfinden müssen. Am Mittwoch, den 29. Juli 1942, marschierten sie vormittags etwa zwei Kilometer quer durch die Innenstadt zum Bahnhof Dortmund-Süd. Hier mussten sie den Deportationszug besteigen, zusammen mit 156 Jüdinnen und Juden aus Luxemburg, die zuvor mit einem Zug in Dortmund eingetroffen waren. Der Zug „Da 72“ erreichte nach etwa 20 Stunden Fahrt am 30. Juli einen Bahnhof nahe Theresienstadt. Das Ghetto war im Sommer 1942 stark überfüllt. Die meisten der Deportierten aus Westfalen starben in Theresienstadt oder wurden in die Vernichtungslager Treblinka und Auschwitz-Birkenau verschleppt und dort ermordet.

Über die Bild­se­rie

Von dieser Deportation ist nur eine Reproduktion einer Fotografie überliefert. Das Bild wurde sehr wahrscheinlich heimlich aus den Garagen des Dortmunder Polizeigefängnisses Steinwache aufgenommen. Es zeigt den Marsch von Jüdinnen und Juden zum Bahnhof Dortmund-Süd kurz nach Verlassen des Sammellagers in der Gaststätte „Börse“ an der Ecke Viehmarktstraße/Steinstraße. Keine der abgebildeten Personen konnte bisher namentlich identifiziert werden.

Fotograf:in

Un­be­kannt , Mit­ar­bei­ter der Luft­schutz­po­li­zei

Der Fotograf ist nicht namentlich bekannt. Es handelte sich nach Aussage des ehemaligen Luftschutzpolizisten Ludwig Beck um einen Kollegen. Beide waren auf dem Gelände des Dortmunder Polizeigefängnisses Steinwache stationiert. Das Bild wurde wahrscheinlich heimlich aus einem Fenster im Garagentrakt aufgenommen, als die Deportierten das Gelände an der Steinstraße passierten.

 

Überlieferung

Der Originalabzug des Fotos befand sich nach 1945 im Besitz des ehemaligen Luftschutzpolizisten Ludwig Beck. Er galt in der NS-Zeit als „Halbjude“. Während des Zweiten Weltkriegs war er zeitweise in der Steinwache stationiert. Nach Ludwig Becks Aussage war der Fotograf ein ebenfalls dort tätiger Kollege. Im Rahmen eines Interviews mit einem Mitarbeiter des Stadtarchivs und dem ehemaligen Polizeiarchivar Alexander Primavesi zeigte Ludwig Beck vermutlich in den 1980er Jahren das Foto, das sich damals in einem Fotoalbum befand. Das Album enthielt keine weiteren Deportationsfotos. Eine damals angefertigte Reproduktion ist heute im Stadtarchiv Dortmund überliefert. Das Original erhielt Ludwig Beck zurück; es gilt heute als verschollen.

Si­gna­tur bei der be­sit­zen­den En­ti­tät:

Ohne Si­gna­tur

Be­zeich­nung des Bil­des bei der be­sit­zen­den En­ti­tät:

Ohne Ti­tel

Danksagung

Die Erschließung des Fotos basiert im Wesentlichen auf früheren Recherchen des Stadtarchivs Dortmund und insbesondere des Historikers Rolf Fischer, der die Deportationen aus Dortmund umfassend erforscht hat (vgl. Rolf Fischer: Verfolgung und Vernichtung. Die Dortmunder Opfer der Shoah, Essen 2015).

Text und Re­cher­che: Hen­ning Borg­grä­fe.

Kooperationsverbund #LastSeen.
Bilder der NS-Deportationen

Dr. Alina Bothe
Projektleiterin

c/o Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg
Freie Universität Berlin
Habelschwerdter Allee 34A
14195 Berlin
lastseen@zedat.fu-berlin.de